DGUV V3 ehemals BGV A3
 

Berufsgenossenschaftliche Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (vorherige VBG 4)

Unfallverhütungsvorschrift Elektrische Anlagen und Betriebsmittel
vom 1. April 1979 in der Fassung vom 1. Januar 1997

Inhaltsverzeichnis

§ 1 Geltungsbereich
§ 2 Begriffe
§ 3 Grundsätze
§ 4 Grundsätze beim Fehlen elektrotechnischer Regeln
§ 5 Prüfungen
§ 6 Arbeiten an aktiven Teilen
§ 7 Arbeiten in der Nähe aktiver Teile
§ 8 Zulässige Abweichungen
§ 9 Ordnungswidrigkeiten
§ 10 Inkrafttreten

Anhang 1
Anhang 2
Anhang 3
 

§ 1 Geltungsbereich
(1) Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt für elektrische Anlagen und Betriebsmittel.

(2) Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt auch für nichtelektrotechnische Arbeiten in der Nähe elektrischer Anlagen und Betriebsmittel.

Durchführungsanweisung zu § 1 Abs. 2:
Zu den nichtelektrotechnischen Arbeiten zählen z.B. das Errichten von Bauwerken in der Nähe von Freileitungen und Kabelanlagen sowie Annäherungen bei anderen Arbeiten, wie Bau-, Montage-, Transport-, Anstrich- und Ausbesserungsarbeiten.

§ 2 Begriffe
(1) Elektrische Betriebsmittel im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift sind alle Gegenstände, die als ganzes oder in einzelnen Teilen dem Anwenden elektrischer Energie (z.B. Gegenstände  zum Erzeugen, Fortleiten, Verteilen, Speichern, Messen, Umsetzen und  Verbrauchen) oder dem Übertragen, Verteilen und Verarbeiten von  Informationen (z.B. Gegenstände der Fernmelde- und Informationstechnik)  dienen. Den elektrischen Betriebsmitteln werden gleichgesetzt Schutz- und Hilfsmittel, soweit an diese Anforderungen hinsichtlich der elektrischen Sicherheit gestellt werden. Elektrische Anlagen werden durch Zusammenschluss elektrischer Betriebsmittel gebildet.

(2) Elektrotechnische Regeln im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift sind die allgemein anerkannten Regeln der Elektrotechnik, die in den VDE-Bestimmungen enthalten sind, auf die die  Berufsgenossenschaft in ihrem Mitteilungsblatt verwiesen hat. Eine elektrotechnische Regel gilt als eingehalten, wenn eine ebenso wirksame  andere Maßnahme getroffen wird; der Berufsgenossenschaft ist auf Verlangen nachzuweisen, dass die Maßnahme ebenso wirksam ist.

(3) Als Elektrofachkraft im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift gilt, wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche  Gefahren erkennen kann.
 

Durchführungsanweisungen zu § 2 Abs. 2:
Die Berufsgenossenschaft verweist in ihrem Mitteilungsblatt auf die im Anhang 3 aufgeführten elektrotechnischen Regeln in der jeweils  gültigen Fassung.

zu § 2 Abs. 3:

Die fachliche Qualifikation als Elektrofachkraft wird im Regelfall durch den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung, z.B. als  Elektroingenieur, Elektrotechniker, Elektromeister, Elektrogeselle, nachgewiesen. Sie kann auch durch eine mehrjährige Tätigkeit mit  Ausbildung in Theorie und Praxis nach Überprüfung durch eine  Elektrofachkraft nachgewiesen werden. Der Nachweis ist zu dokumentieren.
Sollen Mitarbeiter, die die obigen Voraussetzungen nicht erfüllen, für festgelegte Tätigkeiten, z.B. nach § 5 Handwerksordnung, bei der  Inbetriebnahme und Instandhaltung von elektrischen Betriebsmitteln eingesetzt werden, können diese durch eine entsprechende Ausbildung eine Qualifikation als €žElektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten erreichen. Diese Qualifikation wird nicht als Nachweis der  erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zur Erteilung der  Ausübungsberechtigung gemäß § 7a Handwerksordnung angesehen. Festgelegte Tätigkeiten sind gleichartige, sich wiederholende Arbeiten an Betriebsmitteln, die vom Unternehmer in einer Arbeitsanweisung beschrieben sind. In eigener Fachverantwortung dürfen nur solche festgelegten Tätigkeiten ausgeführt werden, für die die Ausbildung nachgewiesen ist. Diese festgelegten Tätigkeiten dürfen nur in Anlagen mit Nennspannungen bis 1000 V AC bzw. 1500 V DC und grundsätzlich nur im freigeschalteten Zustand durchgeführt werden. Unter Spannung sind  Fehlersuche und Feststellen der Spannungsfreiheit erlaubt.
Die Ausbildung muss Theorie und Praxis umfassen. Die theoretische Ausbildung kann innerbetrieblich oder außerbetrieblich in Absprache mit dem Unternehmer erfolgen. In der theoretischen Ausbildung müssen, zugeschnitten auf die festgelegten Tätigkeiten, die Kenntnisse der Elektrotechnik, die für das sichere und fachgerechte Durchführen dieser Tätigkeiten erforderlich sind, vermittelt werden.
Die praktische Ausbildung muss an den in Frage kommenden Betriebsmitteln durchgeführt werden. Sie muss die Fertigkeiten vermitteln, mit denen die in der theoretischen Ausbildung erworbenen Kenntnisse für die festgelegten Tätigkeiten sicher angewendet werden können. Die Ausbildungsdauer muss ausreichend bemessen sein. Je nach Umfang der festgelegten Tätigkeiten kann eine Ausbildung über mehrere Monate erforderlich sein. Die Ausbildung entbindet den Unternehmer nicht von seiner Führungsverantwortung. In jedem Fall hat er zu prüfen, ob  die in der vorstehend genannten Ausbildung erworbenen Kenntnisse und  Fertigkeiten für die festgelegten Tätigkeiten ausreichend sind.

§ 3 Grundsätze
(1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft den elektrotechnischen  Regeln entsprechend errichtet, geändert und instandgehalten werden. Der Unternehmer hat ferner dafür zu sorgen, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel den elektrotechnischen Regeln entsprechend betrieben werden.

(2) Ist bei einer elektrischen Anlage oder einem elektrischen Betriebsmittel ein Mangel festgestellt worden, d.h. entsprechen sie nicht oder nicht mehr den elektrotechnischen Regeln, so hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass der Mangel unverzüglich behoben wird und, falls bis dahin eine dringende Gefahr besteht, dafür zu sorgen, dass die elektrische Anlage oder das elektrische Betriebsmittel im  mangelhaften Zustand nicht verwendet werden.

Durchführungsanweisungen zu § 3 Abs. 1:
Leitung und Aufsicht durch eine Elektrofachkraft sind  alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, damit Arbeiten an elektrischen  Anlagen und Betriebsmitteln von Personen, die nicht die Kenntnisse und  Erfahrungen einer Elektrofachkraft haben, sachgerecht und sicher  durchgeführt werden können.
Die Forderung “unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft”  bedeutet die Wahrnehmung von Führungs- und Fachverantwortung, insbesondere:

- das Überwachen der ordnungsgemäßen Errichtung, Änderung und Instandhaltung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel,
- das Anordnen, Durchführen und Kontrollieren der zur jeweiligen  Arbeit erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen einschließlich des Bereitstellens von Sicherheitseinrichtungen,
- das Unterrichten elektrotechnisch unterwiesener Personen,
- das Unterweisen von elektrotechnischen Laien über sicherheitsgerechtes Verhalten, erforderlichenfalls das Einweisen,
- das Überwachen, erforderlichenfalls das Beaufsichtigen der Arbeiten und der Arbeitskräfte, z.B. bei nichtelektrotechnischen Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile.

Das Betreiben umfasst alle Tätigkeiten (Bedienen und Arbeiten) an und in elektrischen Anlagen sowie an und mit elektrischen Betriebsmitteln. Zum Instandhalten (siehe DIN 31051) gehören die Inspektion (Kontrolle), die Wartung und die Instandsetzung.

 zu § 3 Abs. 2:
Im Allgemeinen liegt ein Mangel nicht vor, wenn beim Erscheinen neuer elektrotechnischer Regeln an neue Anlagen oder Betriebsmittel andere Anforderungen gestellt werden. Die Berufsgenossenschaft verweist in ihrem Mitteilungsblatt auf die im Anhang 1 aufgeführten Anpassungen vorhandener elektrischer Anlagen und  Betriebsmittel an elektrotechnische Regeln.

§ 4 Grundsätze beim Fehlen elektrotechnischer Regeln
(1) Soweit hinsichtlich bestimmter elektrischer Anlagen und Betriebsmittel keine oder zur Abwendung neuer oder bislang nicht  festgestellter Gefahren nur unzureichende elektrotechnische Regeln  bestehen, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen der nachstehenden Absätze eingehalten werden.

(2) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel müssen sich in sicherem Zustand befinden und sind in diesem Zustand zu erhalten.

(3) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel dürfen nur benutzt werden, wenn sie den betrieblichen und örtlichen Sicherheitsanforderungen im Hinblick auf Betriebsart und Umgebungseinflüsse genügen.

(4) Die aktiven Teile elektrischer Anlagen und Betriebsmittel müssen entsprechend ihrer Spannung, Frequenz, Verwendungsart und ihrem  Betriebsort durch Isolierung, Lage, Anordnung oder festangebrachte Einrichtungen gegen direktes Berühren geschützt sein.

(5) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel müssen so beschaffen sein, dass bei Arbeiten und Handhabungen, bei denen aus zwingenden Gründen der Schutz gegen direktes Berühren nach Absatz 4 aufgehoben oder unwirksam gemacht werden muss,

- der spannungsfreie Zustand der aktiven Teile hergestellt und sichergestellt werden kann oder
- die aktiven Teile unter Berücksichtigung von Spannung, Frequenz, Verwendungsart und Betriebsort durch zusätzliche Maßnahmen gegen  direktes Berühren geschützt werden können.

(6) Bei elektrischen Betriebsmitteln, die in Bereichen bedient  werden müssen, wo allgemein ein vollständiger Schutz gegen direktes Berühren nicht gefordert wird oder nicht möglich ist, muss bei benachbarten aktiven Teilen mindestens ein teilweiser Schutz gegen direktes Berühren vorhanden sein.

(7) Die Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 5 muss ohne  Gefährdung,
z.B. durch Körperdurchströmung oder durch Lichtbogenbildung, möglich sein.

(8) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel müssen entsprechend  ihrer Spannung, Frequenz, Verwendungsart und ihrem Betriebsort Schutz  bei indirektem Berühren aufweisen, so dass auch im Fall eines Fehlers in der elektrischen Anlage oder in dem elektrischen Betriebsmittel Schutz gegen gefährliche Berührungsspannungen vorhanden ist.

Durchführungsanweisungen zu § 4 Abs. 2:
Der sichere Zustand ist vorhanden, wenn elektrische  Anlagen und Betriebsmittel so beschaffen sind, dass von ihnen bei ordnungsgemäßem Bedienen und bestimmungsgemäßer Verwendung weder eine unmittelbare (z.B. gefährliche Berührungsspannung) noch eine mittelbare (z.B. durch Strahlung, Explosion, Lärm) Gefahr für den Menschen ausgehen kann. Der geforderte sichere Zustand umfasst auch den notwendigen Schutz gegen zu erwartende äußere Einwirkungen (z.B. mechanische  Einwirkungen, Feuchtigkeit, Eindringen von Fremdkörpern).

zu § 4 Abs. 3:
Elektrische Anlagen und Betriebsmittel können in ihrer Funktion und Sicherheit durch Umgebungseinwirkungen (z.B. Staub, Feuchtigkeit, Wärme, mechanische Beanspruchung) nachteilig beeinflusst  werden. Daher sind sowohl die einzelnen Betriebsmittel als auch die gesamte Anlage so auszuwählen und zu gestalten, dass ein ausreichender Schutz gegen diese Einwirkungen über die üblicherweise zu erwartende  Lebensdauer gewährleistet ist. Hierzu zählen unter anderem die Wahl der Schutzart, der Schutzklasse, der Isolationsklasse sowie der Kriech- und  Luftstrecken. Bei der Wahl sind in jedem Fall die speziellen Einsatzbedingungen zu berücksichtigen, z.B. auf Baustellen oder in  aggressiver Umgebung.

zu § 4 Abs. 5:
Als zusätzliche Maßnahmen, die bei der Aufhebung des betriebsmäßigen Schutzes gegen direktes Berühren anzuwenden sind, gelten z.B. das Abdecken oder Abschranken.

zu § 4 Abs. 6:
Ein vollständiger Schutz gegen direktes Berühren ist häufig die einfachste und in jedem Fall die wirkungsvollste Schutzmaßnahme. Dies gilt vor allem für Betriebsmittel, die für  betriebsmäßige Vorgänge bedient werden müssen, aber auch an und in der  Nähe von Betriebsmitteln, zu denen nur Elektrofachkräfte und  elektrotechnisch unterwiesene Personen Zutritt oder Zugriff haben.
In Bereichen, die nur mindestens elektrotechnisch unterwiesenen  Personen zugänglich sind, genügt bei Betriebsmitteln, die nicht  betriebsmäßig, sondern nur zum Wiederherstellen des Soll-Zustandes  bedient werden, z.B. Einstellen oder Entsperren eines Relais,  Auswechseln von Meldelampen oder Schraubsicherungen, bei Nennspannungen  bis 1000 V ein teilweiser Schutz gegen direktes Berühren, z.B.  Abdeckung, nach DIN EN 50274/VDE 0660 Teil 514  Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen; Schutz gegen elektrischen  Schlag; Schutz gegen unabsichtliches direktes Berühren gefährlicher  aktiver Teile. Solche Abdeckungen erfüllen ihren Zweck, wenn sie gegen  unbeabsichtigtes Verschieben oder Entfernen gesichert sind oder nur mit  Werkzeug oder Schlüssel entfernt werden können.

 zu § 4 Abs. 7:
Diese Forderung ist z.B. erfüllt, wenn
- die Anlage oder Abschnitte der Anlage freigeschaltet werden können,
- die erforderlichen Hilfsmittel und Einrichtungen zum Sichern gegen  Wiedereinschalten sowie ein Verbotszeichen mit der Aussage “€žNicht schalten” und erforderlichenfalls der zusätzlichen Aussage “€žEs wird gearbeitet/Ort .../Entfernen des Schildes nur durch ...” oder bei  ferngesteuerten Anlagen
entsprechende Einrichtungen vorhanden sind und angebracht werden können,
- am freigeschalteten Anlageteil das Feststellen der Spannungsfreiheit möglich ist
- die Anlageteile, soweit erforderlich, mit Einrichtungen zum Erden und  Kurzschließen, z.B. Erdungsschalter, Erdungswagen, Anschließstellen,  ausgerüstet sind oder Einrichtungen zum Erden und Kurzschließen, z.B.  Seile oder Schienen mit ausreichendem Querschnitt, vorhanden sind und angebracht werden können und
- Hilfsmittel zum Abdecken und Abschranken, z.B. Abdecktücher,  isolierende Schutzplatten, vorhanden sind. In Anlagen mit Nennspannungen über 1 kV müssen zum Freischalten die erforderlichen Trennstrecken hergestellt werden können. Einrichtungen zum Sichern gegen Wiedereinschalten sind z.B. ein- oder mehrfach verschließbare Schalter, Schalterabdeckungen, Steckkappen für Schalter, abnehmbare Schalthebel, Blindeinsätze für Schraubsicherungen, Absperr- und Entlüftungseinrichtungen für Druckluft, Mittel zum Unwirksammachen der Federkraft, Mittel zum Unterbrechen der Hilfsspannung.
Bei ferngesteuerten Anlagen müssen Kennzeichnungen, Hinweise und  Anweisungen so gestaltet sein, dass der Schaltzustand der Anlage und die Zuständigkeiten und Möglichkeiten für eine Schaltung, z.B. von der zentralen Fernsteuerstelle aus, eindeutig erkennbar sind. Einschiebbare isolierende Schutzplatten werden im Allgemeinen nur in Führungsschienen  sicher gehalten.

§ 5 Prüfungen
(1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die  elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden

1. vor der ersten Inbetriebnahme und nach einer Änderung oder  Instandsetzung vor der Wiederinbetriebnahme durch eine Elektrofachkraft  oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft und
2. in bestimmten Zeitabständen. Die Fristen sind so zu bemessen, dass entstehende Mängel, mit denen gerechnet werden muss, rechtzeitig festgestellt werden.

(2) Bei der Prüfung sind die sich hierauf beziehenden elektrotechnischen Regeln zu beachten.

(3) Auf Verlangen der Berufsgenossenschaft ist ein Prüfbuch mit bestimmten Eintragungen zu führen.

(4) Die Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme nach Absatz 1 ist  nicht erforderlich, wenn dem Unternehmer vom Hersteller oder Errichter bestätigt wird, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel den Bestimmungen dieser Unfallverhütungsvorschrift entsprechend beschaffen sind.

 Durchführungsanweisungen zu § 5 Abs. 1 Nr. 1:
Elektrische Anlagen und Betriebsmittel dürfen nur in  ordnungsgemäßem Zustand in Betrieb genommen werden und müssen in diesem  Zustand erhalten werden. Diese Forderung ist z.B. erfüllt, wenn vor Inbetriebnahme, nach Änderung oder Instandsetzung (Erstprüfung) sichergestellt wird, dass die Anforderungen der elektrotechnischen Regeln eingehalten werden. Hierzu sind Prüfungen nach Art und Umfang der in den elektrotechnischen Regeln festgelegten Maßnahmen durchzuführen. Nur unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Erstprüfungen elektrischer  Anlagen und Betriebsmittel entfallen (siehe Durchführungsanweisungen zu § 5 Abs.4).

 zu § 5 Abs. 1 Nr. 2:
Zur Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustandes sind  elektrische Anlagen und Betriebsmittel wiederholt zu prüfen. Anhand der folgenden Tabellen können Prüffristen festgelegt werden, wenn die  elektrischen Anlagen und Betriebsmittel normalen Beanspruchungen durch Umgebungstemperatur, Staub, Feuchtigkeit oder dergleichen ausgesetzt sind. Dabei wird unterschieden zwischen ortsveränderlichen und  ortsfesten elektrischen Betriebsmitteln und stationären und  nichtstationären Anlagen. Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel  sind solche, die während des Betriebes bewegt werden oder die leicht von einem Platz zum anderen gebracht werden können, während sie an den  Versorgungsstromkreis angeschlossen sind (siehe auch Abschnitte 2.7.4  und 2.7.5 DIN VDE 0100 Teil 200).
Ortsfeste elektrische Betriebsmittel sind fest angebrachte  Betriebsmittel oder Betriebsmittel, die keine Tragevorrichtung haben und deren Masse so groß ist, dass sie nicht leicht bewegt werden können.  Dazu gehören auch elektrische Betriebsmittel, die vorübergehend fest angebracht sind und über bewegliche Anschlussleitungen betrieben werden  (siehe auch Abschnitte 2.7.6 und 2.7.7 DIN VDE 0100 Teil 200).
Stationäre Anlagen sind solche, die mit ihrer Umgebung fest verbunden sind, z.B. Installationen in Gebäuden, Baustellenwagen, Containern und auf Fahrzeugen. Nichtstationäre Anlagen sind dadurch  gekennzeichnet, dass sie entsprechend ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch nach dem Einsatz wieder abgebaut (zerlegt) und am neuen Einsatzort wieder aufgebaut (zusammengeschaltet) werden. Hierzu gehören z.B. Anlagen auf Bau- und Montagestellen, fliegende Bauten.
Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der  Prüfungen obliegt einer Elektrofachkraft. Stehen für die Mess- und  Prüfaufgaben geeignete Mess- und Prüfgeräte zur Verfügung, dürfen auch elektrotechnisch unterwiesene Personen unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft prüfen.

Ortsfeste elektrische Anlagen und Betriebsmittel
Für ortsfeste elektrische Anlagen und Betriebsmittel sind die Forderungen hinsichtlich Prüffrist und Prüfer erfüllt, wenn die in Tabelle 1A genannten Festlegungen eingehalten werden.

Tabelle 1A: Wiederholungsprüfungen ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel

DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 1

Die Forderungen sind für ortsfeste elektrische  Anlagen und Betriebsmittel z.B. auch erfüllt, wenn diese von einer  Elektrofachkraft ständig überwacht werden. Ortsfeste elektrische Anlagen und Betriebsmittel gelten als ständig überwacht, wenn sie kontinuierlich

- von Elektrofachkräften instandgehalten und
- durch messtechnische Maßnahmen im Rahmen des Betreibens (z.B. Überwachen des Isolationswiderstandes) geprüft werden.

Die ständige Überwachung als Ersatz für die Wiederholungsprüfung gilt nicht für die elektrischen Betriebsmittel der Tabellen 1B und 1C.

Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel
Tabelle 1B enthält Richtwerte für Prüffristen. Als Maß, ob die Prüffristen ausreichend bemessen werden, gilt die bei den Prüfungen in bestimmten Betriebsbereichen festgestellte Quote von Betriebsmitteln, die Abweichungen von den Grenzwerten aufweisen (Fehlerquote). Beträgt  die Fehlerquote höchstens 2 %, kann die Prüffrist als ausreichend  angesehen werden. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel darf auch eine elektrotechnisch unterwiesene Person übernehmen, wenn geeignete  Mess- und Prüfgeräte verwendet werden.

DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 2

Schutz- und Hilfsmittel
Die Prüffristen für Schutz- und Hilfsmittel zum sicheren Arbeiten  in elektrischen Anlagen und persönliche Schutzausrüstungen sind in  Tabelle 1C angegeben.

DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 3

zu § 5 Abs. 4:
Die Bestätigung des Herstellers oder Errichters bezieht sich auf  betriebsfertig installierte oder angeschlossene Anlagen, Betriebsmittel und Ausrüstungen. Sie kann in der Regel nur vom Errichter abgegeben werden, da nur er die für den sicheren Einsatz der Anlage maßgebenden  Umgebungs- und Einsatzbedingungen kennt. Zu unterscheiden von der hier geforderten Bestätigung ist die Lieferbestätigung des Herstellers oder Lieferers bei der Lieferung von anschlussfertigen elektrischen Betriebsmitteln. Für diese Lieferbestätigung reicht es aus, wenn der Hersteller oder Lieferer auf Verlangen nachweist, dass der gelieferte Gegenstand den Verordnungen zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz  entspricht, z.B. durch eine Konformitätserklärung, in der die Einhaltung der einschlägigen elektrotechnischen Regeln bestätigt wird.

§ 6 Arbeiten an aktiven Teilen
(1) An unter Spannung stehenden aktiven Teilen  elektrischer Anlagen und Betriebsmittel darf, abgesehen von den  Festlegungen in § 8, nicht gearbeitet werden.

(2) Vor Beginn der Arbeiten an aktiven Teilen elektrischer Anlagen und Betriebsmittel muss der spannungsfreie Zustand hergestellt und für die Dauer der Arbeiten sichergestellt werden.

(3) Absatz 2 gilt auch für benachbarte aktive Teile der  elektrischen Anlage oder des elektrischen Betriebsmittels, wenn diese

- nicht gegen direktes Berühren geschützt sind oder
- nicht für die Dauer der Arbeiten unter Berücksichtigung von  Spannung, Frequenz, Verwendungsart und Betriebsort durch Abdecken oder Abschranken gegen direktes Berühren geschützt worden sind.

(4) Absatz 2 gilt auch für das Bedienen elektrischer  Betriebsmittel, die aktiven unter Spannung stehenden Teilen benachbart  sind, wenn diese nicht gegen direktes Berühren geschützt sind.

 Durchführungsanweisungen zu § 6 Abs. 1:
Bei Arbeiten an aktiven Teilen elektrischer Anlagen,  deren spannungsfreier Zustand für die Dauer der Arbeiten nicht  hergestellt und sichergestellt ist (Arbeiten unter Spannung), sowie beim Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender aktiver Teile gemäß § 7  kann es sich um gefährliche Arbeiten im Sinne des § 8 der  Unfallverhütungsvorschrift “€žGrundsätze der Prävention”
(BGV A1) sowie  des § 22 Abs. 1 Nr. 3 Jugendarbeitsschutzgesetz handeln.

§ 22 Jugendarbeitsschutzgesetz lautet: (Auszug)
“§ 22 Gefährliche Arbeiten

(1) Jugendliche dürfen nicht beschäftigt werden
1. ... ,
2. ... ,
3. mit Arbeiten, die mit Unfallgefahren verbunden sind, von denen  anzunehmen ist, dass Jugendliche sie wegen mangelnden  Sicherheitsbewusstseins oder mangelnder Erfahrung nicht erkennen können  oder nicht abwenden können,
4. ... ,
5. ... ,
6. ... ,
7. ... .

(2) Absatz 1 Nr. 3 bis 7 gilt nicht für die Beschäftigung Jugendlicher, soweit
1. dies zur Erreichung ihres Ausbildungszieles erforderlich ist,
2. ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachkundigen gewährleistet ist und
3. ... .
(3) ... “

 zu § 6 Abs. 2:
Das Arbeiten in spannungsfreiem Zustand setzt voraus, dass die betroffenen Anlagenteile festgelegt und die Beschäftigten entsprechend auf den zulässigen Arbeitsbereich hingewiesen werden. Dazu gehört die Kennzeichnung der Arbeitsstelle bzw. des Arbeitsbereiches und, falls erforderlich, des Weges zur Arbeitsstelle innerhalb der elektrischen  Anlage. Das Herstellen des spannungsfreien Zustandes vor Beginn der  Arbeiten und dessen Sicherstellen an der Arbeitsstelle für die Dauer der Arbeiten geschieht unter Beachtung der nachfolgenden fünf Sicherheitsregeln, deren Anwendung der Regelfall sein muss:

- Freischalten,
- Gegen Wiedereinschalten sichern,
- Spannungsfreiheit feststellen,
- Erden und Kurzschließen,
- Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.

Die unter besonderer Berücksichtigung der betrieblichen und örtlichen  Verhältnisse, z.B. bei Hoch- oder Niederspannungs-Freileitungen, -Kabel  oder -Schaltanlagen, durchzuführenden Maßnahmen sind im Einzelnen in den elektrotechnischen Regeln (siehe Anhang 3) festgelegt.
Bei Arbeiten mit Kabelbeschussgeräten oder Kabelschneidgeräten kann nach dem Beschießen bzw. Schneiden eines Kabels am Gerät im ungünstigsten Fall Spannung anstehen. Diese Spannung ist mit herkömmlichen, für die  Nennspannung der Anlage bemessenen Spannungsprüfern, häufig nicht  feststellbar. Daher ist durch geeignete organisatorische Maßnahmen, z.B. Rückfrage bei der netzführenden Stelle, vor der Freigabe der Arbeit  möglichst eindeutig zu klären, ob am Kabelbeschuss- oder  Kabelschneidgerät Spannung anstehen kann.

zu § 6 Abs. 3:
Sind in der Nähe der Arbeitsstelle Anlagenteile nicht  freigeschaltet, müssen vor Arbeitsbeginn Sicherheitsmaßnahmen wie beim  Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile getroffen werden  (siehe Durchführungsanweisungen zu § 7).

§ 7 Arbeiten in der Nähe aktiver Teile

In der Nähe aktiver Teile elektrischer Anlagen und Betriebsmittel, die nicht gegen direktes Berühren geschützt sind, darf, abgesehen von den Festlegungen in § 8, nur gearbeitet werden, wenn

- deren spannungsfreier Zustand hergestellt und für die Dauer der Arbeiten sichergestellt ist oder
- die aktiven Teile für die Dauer der Arbeiten, insbesondere unter  Berücksichtigung von Spannung, Betriebsort, Art der Arbeit und der  verwendeten Arbeitsmittel, durch Abdecken oder Abschranken geschützt  worden sind oder
- bei Verzicht auf vorstehende Maßnahmen die zulässigen Annäherungen nicht unterschritten werden.

Durchführungsanweisung zu § 7:

Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile sind Tätigkeiten aller Art, bei denen eine Person mit Körperteilen oder Gegenständen die  Schutzabstände nach Tabelle 4 von unter Spannung stehenden Teilen, gegen deren direktes Berühren kein vollständiger Schutz besteht, unterschreiten kann, ohne unter Spannung stehende Teile zu berühren oder bei Nennspannungen über 1 kV die Gefahrenzone zu erreichen.
Die Forderung hinsichtlich des Schutzes durch Abdecken oder Abschranken ist erfüllt,

- bei Nennspannungen bis 1000 V, wenn aktive Teile isolierend abgedeckt  oder umhüllt werden, so dass mindestens teilweiser Schutz gegen direktes Berühren erreicht wird,
- bei Nennspannungen über 1 kV, wenn aktive Teile abgedeckt oder  abgeschrankt werden. Es muss sichergestellt sein, dass die in Tabelle 2  angegebene Grenze der Gefahrenzone DL nicht erreicht werden kann. Die  Grenze der Gefahrenzone ist der Mindestabstand in Luft. Ein Erreichen der äußeren Grenze der Gefahrenzone ist mit einer Berührung des unter  Spannung stehenden Teiles gleichzusetzen.

DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 4
DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 5

Schutzeinrichtungen müssen mechanisch ausreichend fest bemessen sein. Bei Einengung der Gefahrenzone durch Schutzeinrichtungen (z.B. Trennwände, isolierende Schutzplatten) ist die elektrische Festigkeit zu beachten. Die Forderung hinsichtlich der zulässigen Annäherungen  (Schutz durch Abstand) ist z.B. erfüllt, wenn sichergestellt ist, dass

- bei Nennspannungen bis 1000 V unter Spannung stehende aktive Teile nicht berührt werden können,
- bei Nennspannungen über 1 kV die Grenze der Gefahrenzone nach Tabelle 2 nicht erreicht werden kann,
 bei bestimmten elektrotechnischen Arbeiten die Schutzabstände nach Tabelle 3 nicht unterschritten werden.

Tabelle 3: Schutzabstände bei bestimmten elektrotechnischen Arbeiten abhängig von der Nennspannung in der Nähe aktiver Teile

DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 6

Die Schutzabstände nach Tabelle 3 gelten für die folgenden Tätigkeiten, wenn diese von Elektrofachkräften oder von  elektrotechnisch unterwiesenen Personen oder unter deren Aufsichtführung ausgeführt werden:

- Bewegen von Leitern und sperrigen Gegenständen in der Nähe von Freileitungen
- Hochziehen und Herablassen von Werkzeugen, Material und  dergleichen, sofern Freileitungen oder Leitungen in Freiluftanlagen  unterhalb einer Arbeitsstelle unter Spannung bleiben müssen,
- Arbeiten an einem Stromkreis von Freileitungen, wenn mehrere  Stromkreise (Systeme) mit Nennspannungen über 1 kV auf einem gemeinsamen Gestänge liegen,
- Anstrich- und Ausbesserungsarbeiten an Masten, Portalen und  dergleichen von Freileitungen unter besonderen in den elektrotechnischen Regeln beschriebenen Voraussetzungen,
- Arbeiten an Freiluftanlagen.
 

Aufsichtführung ist die ständige  Überwachung der gebotenen Sicherheitsmaßnahmen bei der Durchführung der  Arbeiten an der Arbeitsstelle. Der Aufsichtführende darf dabei nur  Arbeiten ausführen, die ihn in der Aufsichtführung nicht  beeinträchtigen. Bei der Bemessung der Abdeckung oder Abschrankung oder  des Abstandes ist besonders zu berücksichtigen, dass Beschäftigte auch
durch unbeabsichtigte und unbewusste Bewegungen, die z.B. von

- der Art der Arbeit,
- dem zur Verfügung stehenden Bewegungsbereich,
- dem Standort,
- den benutzten Werkzeugen,
- den Hilfsmitteln und Materialien

abhängig sind, oder durch unkontrollierte Bewegungen von Werkzeugen, Hilfsmitteln, Materialien und Abfallstücken, z.B. durch

- Abrutschen,
- Herabfallen,
- Wegschnellen,
- Anstoßen

bei Nennspannungen bis 1000 V unter Spannung stehende aktive Teile nicht berühren bzw. bei Nennspannungen über 1 kV die Grenze der Gefahrenzone nach Tabelle 2 nicht erreichen können.
Bei nichtelektrotechnischen Arbeiten, z.B. bei Bau-, Montage-, Transport-, Anstrich- und Ausbesserungsarbeiten, bei Gerüstarbeiten, Arbeiten mit Hebezeugen, Baumaschinen, Fördergeräten oder sonstigen  Geräten und Bauhilfsmitteln ist die Forderung hinsichtlich der zulässigen Annäherungen (Schutz durch Abstand) z.B. erfüllt, wenn die Schutzabstände nach Tabelle 4 nicht unterschritten werden.
In Ausnahmefällen dürfen die Schutzabstände nach Tabelle 4 auf die Abstände nach Tabelle 3 reduziert werden, wenn die Arbeiten unter Beaufsichtigung durch Elektrofachkräfte oder elektrotechnisch  unterwiesene Personen des Betreibers der entsprechenden elektrischen  Anlage ausgeführt werden. Beaufsichtigung erfordert die ständige  ausschließliche Durchführung der Aufsicht. Daneben dürfen keine weiteren Tätigkeiten durchgeführt werden.

Tabelle 4: Schutzabstände bei nichtelektrotechnischen Arbeiten, abhängig von der Nennspannung

DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 7

Die Schutzabstände nach der Tabelle 4 müssen auch  beim Ausschwingen von Lasten, Tragmitteln und Lastaufnahmemitteln  eingehalten werden. Dabei muss auch ein Ausschwingen des Leiterseiles  berücksichtigt werden.

§ 8 Zulässige Abweichungen
Von den Forderungen der §§ 6 und 7 darf abgewichen werden, wenn

1. durch die Art der Anlage eine Gefährdung durch Körperdurchströmung oder durch Lichtbogenbildung ausgeschlossen ist oder
2. aus zwingenden Gründen der spannungsfreie Zustand nicht hergestellt werden kann, soweit dabei

- durch die Art der bei diesen Arbeiten verwendeten Hilfsmittel  oder Werkzeuge eine Gefährdung durch Körperdurchströmung oder durch  Lichtbogenbildung ausgeschlossen ist und
- der Unternehmer mit diesen Arbeiten nur Personen beauftragt, die für  diese Arbeiten an unter Spannung stehenden aktiven Teilen fachlich geeignet sind und
- der Unternehmer weitere technische, organisatorische und persönliche  Sicherheitsmaßnahmen festlegt und durchführt, die einen ausreichenden Schutz gegen eine Gefährdung durch Körperdurchströmung oder durch  Lichtbogenbildung sicherstellen.
 

Durchführungsanweisungen zu § 8 Nr. 1:
Eine Gefährdung durch Körperdurchstrmung oder Lichtbogenbildung ist ausgeschlossen, wenn
- der bei der Berührung durch den menschlichen Körper fließende  Strom oder die Energie an der Arbeitsstelle unter den durch die elektrotechnischen Regeln festgelegten Grenzwerten bleibt oder
- die Spannung die in den elektrotechnischen Regeln für die jeweilige  Verwendungsart und den Betriebsort als zulässig angegebenen Grenzwerte für das Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen nicht überschreitet. Soweit in elektrotechnischen Regeln keine Grenzwerte festgelegt sind, darf unter Spannung gearbeitet werden, wenn
- der Kurzschlussstrom an der Arbeitsstelle höchstens 3 mA bei Wechselstrom (Effektivwert) oder 12 mA bei Gleichstrom beträgt,
- die Energie an der Arbeitsstelle nicht mehr als 350 mJ beträgt,
- durch Isolierung des Standortes oder der aktiven Teile oder durch  Potentialausgleich eine Potentialüberbrückung verhindert ist,
- die Berührungsspannung weniger als AC 50 V oder DC 120 V beträgt oder
- bei den verwendeten Prüfeinrichtungen die in den vergleichbaren  elektrotechnischen Regeln festgelegten Werte für den Ableitstrom nicht  überschritten werden.

 zu § 8 Nr. 2:
Zwingende Gründe können vorliegen, wenn durch Wegfall der Spannung
- eine Gefährdung von Leben und Gesundheit von Personen zu befürchten ist,
- in Betrieben ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen würde,
- bei Arbeiten in Netzen der Stromversorgung, besonders beim Herstellen  von Anschlüssen, Umschalten von Leitungen oder beim Auswechseln von Zählern, Rundsteuerempfängern oder Schaltuhren die Stromversorgung unterbrochen würde,
- bei Arbeiten an oder in der Nähe von Fahrleitungen der Bahnbetrieb behindert oder unterbrochen würde,
- Fernmeldeanlagen einschließlich Informations-Verarbeitungsanlagen oder wesentliche Teile davon wegen Arbeiten an der Stromversorgung stillgesetzt werden müssten und dadurch Gefahr für Leben und Gesundheit  von Personen hervorgerufen werden könnte oder
- Störungen in Verkehrssignalanlagen hervorgerufen werden, die zu einer  Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen sowie Schäden an Sachwerten führen künnten.

Beim Arbeiten unter Spannung besteht eine erhöhte Gefahr der  Körperdurchströmung und der Lichtbogenbildung. Dieses erfordert  besondere technische und organisatorische Maßnahmen. Das verbleibende Risiko (Eintrittswahrscheinlichkeit und Verletzungsschwere, siehe DIN  VDE 31000 Teil 2) muss damit auf ein zulässiges Maß reduziert werden. Dies wird erreicht, wenn die nachfolgenden Anforderungen erfüllt und die elektrotechnischen Regeln eingehalten werden.
Sollen Arbeiten unter Spannung durchgeführt werden, ist vom Unternehmer  schriftlich für jede der vorgesehenen Arbeiten festzulegen, welche Gründe als zwingend angesehen werden. Hierbei muss das jeweilige gewählte Arbeitsverfahren, die Häufigkeit der Arbeiten und die Qualifikation der mit der Durchführung der Arbeiten betrauten Personen berücksichtigt werden. Für die Durchführung der Arbeiten ist eine Arbeitsanweisung zu erstellen und geeignete Schutz- und Hilfsmittel für das Arbeiten unter Spannung sind zur Verfügung zu stellen.
Beim Herausnehmen und Einsetzen von unter Spannung stehenden  Sicherungseinsätzen des NH-Systems ohne Berührungsschutz und ohne  Lastschalteigenschaften wird eine Gefährdung durch Körperdurchströmung  und durch Lichtbögen weitgehend ausgeschlossen, wenn  NH-Sicherungsaufsteckgriffe mit fest angebrachter Stulpe verwendet  werden sowie Gesichtsschutz (Schutzschirm) getragen wird.
Isolierte Werkzeuge und isolierende Hilfsmittel zum Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen sind geeignet, wenn sie mit dem Symbol des  Isolators oder mit einem Doppeldreieck und der zugeordneten Spannungs-  oder Spannungsbereichsangabe oder der Klasse gekennzeichnet sind.

DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) - Bild 8

Die Forderungen hinsichtlich der fachlichen Eignung  für Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen sind z.B. erfüllt, wenn  die Festlegungen in Tabelle 5 beachtet werden und eine Ausbildung für die unter Spannung durchzuführenden Arbeiten erfolgt ist. Die Kenntnisse und Fertigkeiten müssen in regelmäßigen Abständen (ca. 1 Jahr)  überprüft werden und, wenn erforderlich, muss die Ausbildung wiederholt  oder ergänzt werden.
Im Rahmen der organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen sollen die  Arbeiten von einer in der Ersten Hilfe ausgebildeten und mindestens  elektrotechnisch unterwiesenen Person überwacht werden (siehe § 26 der  Unfallverhütungsvorschrift “€žGrundsätze der Prävention” [BGV A1]).
Die Sicherheitsmaßnahmen sind für den Einzelfall oder für bestimmte, regelmäßig wiederkehrende Fälle schriftlich festzulegen. Dabei sind die Festlegungen in den elektrotechnischen Regeln zu  beachten.
 

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§ 9 Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften der

§ 3
§ 5 Abs. 1 bis 3
§§ 6, 7

zuwiderhandelt.

§ 10 Inkrafttreten
Diese Unfallverhütungsvorschrift tritt am 1. April 1979  in Kraft. Gleichzeitig tritt die Unfallverhütungsvorschrift “€žElektrische Anlagen und Betriebsmittel” (VBG 4) in der Fassung vom 1. März 1962  außer Kraft.
 

Köln, den 11. Januar 1979
(Siegel)

gez. Siller - Hauptgeschäftsführer -

Genehmigung
Die vorstehende Unfallverhütungsvorschrift “€žElektrische Anlagen und Betriebsmittel” (VBG 4) wird genehmigt.
 

Bonn, den 25. Januar 1979

(Siegel)
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung

Im Auftrag gez. Kliesch

III b 6-3816.0-(27)-3715.1
 

Anhang 1
Anpassung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel an elektrotechnische Regeln
Eine Anpassung an neuerschienene elektrotechnische Regeln ist nicht allein schon deshalb erforderlich, weil in ihnen andere, weitergehende Anforderungen an neue elektrische Anlagen und Betriebsmittel erhoben werden. Sie enthalten aber mitunter Bau- und  Ausrüstungsbestimmungen, die wegen besonderer Unfallgefahren oder auch  eingetretener Unfälle neu in VDE-Bestimmungen aufgenommen wurden. Eine Anpassung bestehender elektrischer Anlagen an solche elektrotechnischen Regeln kann dann gefordert werden. Wegen vermeidbarer besonderer Unfallgefahren werden die folgenden Anpassungen gefordert:

1. Realisierung des teilweisen Berührungsschutzes für  Bedienvorgänge nach DIN VDE 0106 Teil 100, 3/83 bis zum 31. Dezember  1999
2. Sicherstellen des Schutzes beim Bedienen von Hochspannungsanlagen  nach DIN VDE 0101, 5/89 Abschnitt 4.4 bis zum 31. Oktober 2000
3. Anpassung elektrischer Anlagen auf Baustellen an die BG-Information  “Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf  Baustellen” (BGI 608) bis zum 31. Dezember 1997
4. Sicherstellen des Zusatzschutzes in Prüfanlagen nach DIN VDE 0104, 10/89 Abschnitt 3.2 und 3.3. bis zum 31. Dezember 1997
5. Kennzeichnung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel gemäß der BG-Information “€žAuswahl und Betrieb ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel nach Einsatzbereichen” (BGI 600) bis zum 30. Juni 1998 Insbesondere für die neuen Bundesländer gilt:
6. Umstellen von Drehstromsteckvorrichtungen nach der alten Norm DIN  49450/451 (Flachsteckvorrichtung) auf das Rundsteckvorrichtungssystem  nach DIN 49462/463 bis zum 31. Dezember 1997
7. Anpassung von Innenraumschaltanlagen ISA 2000 an die BG-Information  “Sicherer Betrieb von Niederspannungs-Innenraumschaltanlagen ISA 2000”   (BGI 755) bis zum 31. Dezember 1996 / 31. Dezember 1999
8. Anpassung von Schutz- und Hilfsmittel, sofern an diese elektrotechnische Anforderungen gestellt werden, an die  elektrotechnischen Regeln bis zum 31. Dezember 1997
9. Trennung von Erdungsanlagen in elektrischen Verteilungsnetzen und  Verbraucheranlagen von Wasserrohrnetzen bis zum 31. Dezember 1997
10. Ausrüstung von Leuchtenvorführständen mit Zusatzschutz nach DIN VDE  0100 Teil 559, 3/93 Abschnitt 6 bis zum 31. Dezember 1997

Anhang 2
Bezugsquellenverzeichnis
Nachstehend sind die Bezugsquellen der in den  Durchführungsanweisungen aufgeführten Vorschriften und Regeln zusammengestellt:
1. Gesetze, Verordnungen Bezugsquelle: Buchhandel
oder
Carl Heymanns Verlag KG,
Luxemburger Straße 449, 50939 Köln.
2. Berufsgenossenschaftliche Vorschriften und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Bezugsquelle: Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik,
Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 Köln
oder
Carl Heymanns Verlag KG,
Luxemburger Straße 449, 50939 Köln.
3. Normen
Bezugsquelle: Beuth Verlag GmbH,
Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin
bzw.
VDE-Verlag GmbH,
Bismarckstraße 33, 10625 Berlin.

Anhang 3
Elektrotechnische Regeln

Für das Inverkehrbringen und für die erstmalige Bereitstellung von Arbeitsmitteln, das sind Maschinen, Geräte, Werkzeuge und Anlagen, die  bei der Arbeit benutzt werden, sind die Rechtsvorschriften anzuwenden, durch die die einschlägigen Gemeinschaftsrichtlinien auf der Grundlage  des Artikel 95 des EG-Vertrages in deutsches Recht umgesetzt werden. Soweit diese Rechtsvorschriften nicht zutreffen, gelten die sonstigen Rechtsvorschriften, die die Beschaffenheit elektrischer Betriebsmittel regeln.
Nach diesen Vorschriften sind bereits zahlreiche Normen oder andere technische Spezifikationen als anerkannte Regeln der Technik oder zur Beschreibung des Standes der Technik bezeichnet (siehe laufende Bekanntmachungen des BMWA im Bundesanzeiger und Bundesarbeitsblatt). Diese Normen und Spezifikationen haben auch für die Instandhaltung und Änderung elektrischer Betriebsmittel Bedeutung und sind in diesem Zusammenhang als “€žElektrotechnische Regeln” i.S. der  Unfallverhütungsvorschrift “€žElektrische Anlagen und Betriebsmittel”  (DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3), vorherige VBG 4) anzusehen.
Auf eine gesonderte Bezeichnung im Rahmen dieses Anhangs zu den  Durchführungsanweisungen der Unfallverhütungsvorschrift “€žElektrische  Anlagen und Betriebsmittel” (DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3), vorherige VBG 4) wird deshalb verzichtet. Die Berufsgenossenschaft der  Feinmechanik und Elektrotechnik verweist in Ausfüllung von § 2 Abs. 2 Satz 1 der Unfallverhütungsvorschrift ”€žElektrische Anlagen und  Betriebsmittel” (DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3), vorherige VBG 4) vom  1. April 1979

1. auf die einschlägigen Bekanntmachungen nach den o.g. Rechtsvorschriften im Bundesanzeiger und Bundesarbeitsblatt
2. auf folgende VDE-Bestimmungen für den Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel:
- DIN VDE 0105 Teil 100 “€žBetrieb von elektrischen Anlagen”,
- DIN VDE 0104 “€žPrüfanlagen; Errichten und Betreiben”,
- DIN VDE 0800-1 “€žFernmeldetechnik; Allgemeine Begriffe, Anforderungen und Prüfungen für die Sicherheit der Anlagen”.
 

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